Warum ist der Kaffee noch teurer geworden?

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2024 war ein bedeutendes Jahr in der Welt der Kaffeepreise. Wenn wir über die Ereignisse des vergangenen Jahres nachdenken, bleibt unsere Forderung, den Produzent:innen mehr zu zahlen, so dringend und wichtig wie eh und je. Die heutigen Preise spiegeln eine brutale Wahrheit wider: Der Klimawandel und die anhaltend niedrigen Preise haben das weltweite Angebot an Kaffee schrumpfen lassen. Ohne nachhaltige Preisanpassungen und Investitionen in die Anbaugebiete wird die Kaffeewirtschaft auch weiterhin immer wieder in die Krise geraten.

Historisch hoher Kaffeepreis

Mitte Dezember erreichte der Marktpreis für Rohkaffee seinen bisherigen Höchststand und krönte damit ein Jahr mit erheblichen Preisschwankungen. Dieser historische Höchststand ist ein entscheidendes Momentum für die Branche – eine Veränderung die sich auf alle auswirkt, von den Kaffeeproduzent:innen bis zu den Kaffeetrinker:innen. Unsere Besuche bei den Kooperativen in Honduras und Guatemala im Januar 2025 haben gezeigt, dass sich die Produzent:innen sehr über die hohen Preise freuen und die Mehrzahlung auch wirklich bei ihnen ankommt. Sie sagen, dass sie nun endlich in ihre Fincas und Anbauflächen investieren können.

Doch selbst bei diesen hohen Preisen verdienen die Kaffeeproduzent:innen inflationsbereinigt immer noch weniger als vor 40 Jahren. Im Jahr 1977 erreichte der Rohkaffeepreis ganz kurz einmal 3,39 $ pro Pfund. Inflationsbereinigt entspräche dieser Preis heute 17,65 $. Und nur einmal von 2010 bis 2011 lag der Rohkaffeepreis längere Zeit über 2,00 $ pro Pfund. In all den anderen Jahren lag er eher deutlich unter 2,00 $ pro Pfund  – in den vergangenen Jahren sogar einige Zeit lang unter 1,00 $ pro Pfund. Das ist beschämend, wenn man davon ausgeht, dass die durchschnittlichen Produktionskosten bei rund 1,70 bis 2,00 $ pro Pfund liegen. Die Produzent:innen, die nicht am fairen Handel teilnehmen oder die nicht herausragende Qualitäten produzieren, haben also jahrelang noch oben drauf gezahlt bei der Kaffeeproduktion.

Der diesjährige Marktpreis von 3,50 $ pro Pfund mag zwar beeindruckend erscheinen, liegt aber immer noch unter dem, was die Produzent:innen brauchen und verdienen. Außerdem liegt er deutlich unter den durchschnittlichen inflationsbereinigten Preisen der letzten 50 Jahre. Schon immer haben wir, zusammen mit unserem Import-Netzwerk Roasters United, an unsere Kooperativen einen garantierten Mindestpreis gezahlt, um auch die Schwankungen des Weltmarktes auszugleichen. Heute liegt dieser garantierte Mindestpreis bei 2,90 $ pro Pfund für gewaschene Kaffees und 3,00 $ pro Pfund für Naturals und Honeys. Da uns hier der Weltmarktpreis „überholt“ hat, arbeiten wir in unseren Verträgen mit Differentialen. Dies bedeutet, dass wir zum Weltmarktpreis zur Erntezeit noch einmal 1,00 bis 1,25 $ pro Pfund oben drauf legen.

 

Kaffeepreis Entwicklung

Derzeit liegt unser Mindestpreis unter dem Weltmarktpreis, der für seine unvorhersehbaren Höhen und Tiefen bekannt ist. Davor haben die Produzent:innen und Kooperativen gerade auch große Angst: nach einem längeren Hoch und steigenden Preisen auch im Ursprung, sinkt der Weltmarktpreis wieder ab und die Preise bleiben für alle hoch. Doch während der Markt schwankt, bleibt unser Engagement konstant. Gerade in diesen unvermeidlichen Tälern macht unsere Garantie für die Produzent:innen, mit denen wir zusammenarbeiten, einen Unterschied.

 

Warum sind Weltmarkpreise gerade so hoch?

Der Preisanstieg ist das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren. Der Kaffeeanbau ist schwieriger, kostspieliger und risikoreicher geworden. Wetterkapriolen, Arbeitskräftemangel und durch den Klimawandel hervorgerufene Schädlinge und Krankheiten haben die Ernten weltweit verringert. Gleichzeitig steigt die weltweite Nachfrage nach Kaffee weiter an. Dieses Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage hat den Rohstoffpreis von etwa 1,50 $ pro Pfund auf den Höchststand von 3,50 $ pro Pfund Ende 2024 getrieben.

Dieser Anstieg hat weitreichende Auswirkungen auf die Branche:

  • Für Röstereien: Viele Röstereien werden vor großen Herausforderungen stehen, insbesondere diejenigen, die von sehr niedrigen Kaffeepreisen und hohen Gewinnspannen abhängig sind.
  • Für die Verbraucher:innen: Preiserhöhungen sind in der gesamten Branche unvermeidlich, auch bei uns.
  • Für Kooperativen: Sie sprechen von der „Krise der guten Preise“, denn es kann sein, dass sie Volumen verlieren, wenn die Produzent:innen Kaffee woanders verkaufen und sie befürchten gesteigerte Armut, wenn die Preise wieder fallen.

 

Chance für Produzent:innen?

Für die Kaffeeproduzent:innen ganz individuell ist die aktuelle Situation ein Gewinn. Für ihren Rohkaffee bekommen sie so viel, wie schon lange nicht mehr. Auch wir ziehen mit unseren Kooperativen nach und vereinbaren im Moment in den Verträgen Einkaufspreise, die noch einmal deutlich höher als in den vergangenen Jahren liegen. Wir freuen uns, dass gerade in Mittelamerika – wo die Ernten gerade in vollem Gange sind – die Produzent:innen gerade wirklich von der Preissteigerung profitieren können. Dort, so wurde uns berichtet, sind die lokalen Preise teilweise sogar noch höher als die aktuellen Weltmarktpreise.

Allerdings hat die Preissituation ein Phänomen verstärkt, das schon immer riskant für Kaffee-Kooperativen war: die Händler (Coyoten genannt) fahren zu den einzelnen Produzent:innen und kaufen ihnen direkt ihren Rohkaffee ab. Eigentlich verkaufen die Produzent:innen an ihre Kooperative. Aber wenn der Händler vor der Tür steht, einen sehr guten Preis zahlt und den Kaffee direkt mit nimmt, dann ist es sehr verlockend gleich so alles zu erledigen und den Kaffee nicht erst zur Kooperative zu transportieren. In einer Kooperative organisiert zu sein bedeutet Arbeit für die Produzent:innen: Man muss an Versammlungen teilnehmen, Ämter übernehmen, gute Qualitäten produzieren, Auflagen für Zertifizierungen einhalten und an Fortbildungen teilnehmen. Eine gute Absicherung in schlechten Zeiten, aber vielleicht ein scheinbar unnötiger Aufwand bei guter Preislage.

Für die Kooperativen ist es im Moment also eher schwierig, denn sie können nicht hundertprozentig sicher sein, auch die benötigten Mengen an Kaffee zu bekommen. In diesen Zeiten müssen die Kooperativen gut funktionieren und auf die Loyalität ihrer Mitglieder vertrauen. Die Kooperativen selbst sehen also den raschen Preisanstieg auch kritisch und sprechen von der „Krise der guten Kaffeepreise“. Und auch die Produzent:innen befürchten, dass nach diesem Hoch der bittere Absturz folgen kann.

Preissteigerung für Kaffee

Im Moment explodieren für uns die Kosten für den Rohkaffee. Der hohe Weltmarktpreis und leider auch der starke Dollar (wir bezahlen den Rohkaffee in Dollar) führen dazu, dass wir um eine Preissteigerung nicht umhin kommen. Alle Rohkaffees, die jetzt neu bei uns ankommen, werden sehr teuer sein und wir erhöhen dort die Preise nach und nach. Im Schnitt werden es zwei Euro pro Kilogramm Röstkaffee sein müssen. Jedoch würden wir uns für die Produzent:innen sehr freuen, wenn die Preise auf hohem Niveau bleiben und sie mit Zuversicht in die Zukunft blicken können, der Kaffeeanbau sich auch lohnt. Für unsere Kooperativen hoffen wir, dass sie mit ihren Mitgliedern auch diese schwierige Zeit gut überstehen.

Es ist Zeit, das sich was ändert. Wenn wir untätig bleiben, werden wir zunächst mit einem eingeschränkten Zugang zu hochwertigem Kaffee konfrontiert sein und schließlich eine lang anhaltende Verknappung des gesamten Kaffees erleben. Wir alle – Produzent:inne, Kooperativen, Kaffeeröstereien und Verbraucher:innen – sollten für eine Kaffeeindustrie eintreten, die ihre Produzent:innen wertschätzt und aufwertet. Nur so können wir sicherstellen, dass Kaffee auch in Zukunft ein wichtiger und lebendiger Bestandteil unseres Lebens bleibt.

2 Responses

  1. Jana Hentschel
    | Antworten

    Hallo Ihr lieben, wir freuen uns jeden Morgen auf den leckeren Kaffee von Euch. Wir wissen das es schwierige Zeiten sind und unterstützen Euch gerne. Schöne Grüße von der Küste Jana und Daniel 😊

    • Nadine
      | Antworten

      Vielen lieben Dank. Das freut uns wirklich zu hören 🙏🏾

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