Alles automatisch? 7 Tipps für guten Kaffee aus dem Vollautomaten

eingetragen in: Zubereitung 10
Arne Preuss
Arne Preuss
Seit 2009 berichtet Arne Preuss in seinem Baristablog Coffeeness über Kaffee- und Espressogenuss. Er liebt Kaffee in all seinen Facetten und wir freuen uns sehr, euch hier einen Beitrag von ihm zum Thema Kaffeevollautomaten präsentieren zu können. Er war so nett, mit uns eine Reihe unserer Espressi im Vollautomaten zu testen und ein bisschen über seine Erfahrung mit Vollautomaten zu berichten. Aber lest selbst…

 

Espresso Nightingale im Kaffeevollautomaten-Test
Espresso Nightingale im Kaffeevollautomaten-Test

Kaffeevollautomaten sind bei Kaffeeliebhabern und Kaffeeliebhaberinnen sehr umstritten. Kann eigentlich guter Kaffee oder Espresso aus einem Vollautomaten kommen und wenn ja, wie muss er dafür eingestellt werden? Ich möchte hier über die Möglichkeiten, Limits und Vorurteile berichten, die es rund um Kaffeevollautomaten gibt.

Es gibt zwei extreme Pole in der Diskussion. Zum einen die „nerdigen“ Kaffee-Leute (Nerds ist durchaus liebevoll gemeint), oder sogar hauptberufliche Barista, die ihren Chemex, ihre Aeropress oder ihren Siebträger nur aus der Hand legen, um ein neues Cold Brew Rezept auszuprobieren. Zum anderen den völlig aufgeblasenen Marketing-Sprech der Hersteller oder ihrer Agenturen. Das sind zumindest die beiden am weitesten entfernten und stärksten Positionen.

Die Marketing-Abteilung ist kreativ und denkt sich was aus. Die Rede ist von „Barista Funktion“, „Barista Technologie“ und Geräte tragen Namen wie „Coffee Intelligence“. Versprochen werden Ergebnisse, wie aus der Hand eines Profis. Möglich seien alle Getränke ­– von Cappuccino bis Flat White.

Einige Nerds sagen, ein Kaffeevollautomat kann nichts richtig. Der Espresso taugt nichts, der Kaffee schmeckt nicht. Und ob es möglich ist, die Dinger wieder sauber zu bekommen, ist auch unklar.

Auf Coffeeness teste ich Kaffeevollautomaten und die Getränke, die von ihnen zubereitet werden. Die „Marketing-Sprech-Blase“ zerplatzt recht schnell. Und ich verstehe sofort, wo die vielen Vorurteile gegenüber Vollautomaten herkommen. Wer als Barista ausgebildet ist, bekommt natürlich die Krise, wenn er „Barista Technologie“ in der Anleitung liest.

Nichtsdestoweniger sind Kaffeevollautomaten für mich einfach eine weitere Zubereitungsmethode für Kaffee und Espresso. Jede dieser Methoden kann optimiert werden. Das gilt für die Aeropress genauso wie für einen Kaffeevollautomat. Die richtige Einstellung des Mahlwerks, der Pulvermenge und die Wahl des richtigen Wassers und Espressos entscheiden über die Güte des Getränks, welches nach dem Kopfdruck in der Tasse landet. Jede Methode hat Limits – das gilt natürlich auch für diese klobigen Geräte.

Mir schreiben jede Woche Konvertiten, die von Kapseln, Pads und Würfel auf richtigen Bohnenkaffee aus einem Vollautomat umgestiegen sind und das finde ich super! Zum Glück geht es den meisten Umsteigern und Umsteigerinnen ebenso. Sie freuen sich weniger Müll zu produzieren, echteren Kaffeegeschmack zu haben und obendrein Geld zu sparen.

Um gute Ergebnisse aus einem Vollautomat zu locken, muss man verstehen, was die Geräte machen und wie sie programmiert sind. Es kommt natürlich immer auf den Kaffee an! Selbstverständlich sollte dieser frisch und hochwertig sein, aber es gibt auch unterschiedlich gut geeignete Kaffees und Espressos für die Zubereitung im Vollautomat. Nicht jeder gute Kaffee oder Espresso ist die richtige Wahl für die Automaten.

Ich teste auf Coffeeness immer die Zubereitung eines Espressos und eines Latte Macchiatos, weil diese Heißgetränke (um in den angesprochenen Marketing-Sprech zu verfallen) ihre Namen verdienen. Die Versprechen der Hersteller auch Cappuccino oder Flat White zu liefern scheitern genau wie in den meisten Cafés. Bei den Cafés gibt es tolle Ausnahmen, bei den Automaten habe ich leider noch keine entdecken können.

Espresso aus dem Kaffeevollautomaten

Espressobezug aus dem KVA
Espressobezug aus dem KVA

Die Geräte mahlen das Kaffeepulver gröber als es für einen Siebträger üblich ist. Das geschieht hauptsächlich um die Vollautomaten nicht zu verstopfen. Wer schon einen Kaffeepuck aus einem Siebträger geschlagen hat weiß, dafür sind einige Kräfte nötig. Das können Kaffeevollautomaten nicht. Die Brühgruppe könnte verklemmen.

Die Maschinen versuchen den gröberen Mahlgrad durch eine höhere Kaffeepulvermenge zu kompensieren. Beim Durchlaufen des Wassers durch den Puck kommt es zu einer leichten Unterextraktion. Die Espressos neigen dazu saurer zu werden. Das gilt insbesondere für helle Röstungen.

1. Tipp: Den Mahlgrad so fein wie möglich stellen.

2. Tipp: Die Kaffeepulvermenge höher stellen.

3. Tipp: Keine sehr hellen Röstungen nutzen.

 

Die vorprogrammierte Bezugsmenge für Espresso ist bei fast allen Geräten zu hoch eingestellt. Meistens liegen sie zwischen 40 und 60 ml, wobei sich das Nachmessen lohnt. Es gibt aber die Möglichkeit zur Einstellung und Nachjustierung. Ich würde ca. 25 ml ansteuern. Bei einigen Herstellern ist die geringste Menge für einen Espresso bei 30 ml, bei wiederum einigen dieser Geräte kann dann einfach ein Ristretto gewählt werden, welcher in Wirklichkeit meistens ein Espresso mit 25 ml ist.

 4. Tipp: Die Bezugsmenge für den Espresso so weit wie möglich reduzieren.

 

Mit dem Espresso könnt ihr dann gut arbeiten und ihn pur oder in einem Latte Macchiato trinken. Aber was ist eigentlich mit schwarzem Kaffee? Viele drücken die Taste mit der Aufschrift „Caffe Crema“, dabei wird eine größere Menge, zumeist sehr heißes Wasser, durch den Kaffeepuck gejagt.

Ich mache es kurz, davon bin ich kein Fan. Ich beziehe einfach Espresso und verlängere diesen dann mit heißem Wasser. Es handelt sich dann um einen Cafe Americano, wie ich finde, die deutlich bessere Alternative.

5. Tipp: Anstelle der Kaffee-(oder Caffe Crema) Taste einen Cafe Americano zubereiten.

 

Auch aus dem Vollautomaten ist eine schöne Crema möglich
Auch aus dem Vollautomaten ist eine schöne Crema möglich

Übrigens sieht ein Handfilter als Dekoration auf einem Kaffeevollautomat auch nicht schlecht aus.

Speziell für die Flying Roasters habe ich ihren Espresso im Sortiment mit Nadine und noch einmal alleine durch einen KVA gejagt und möchte hier ein wenig von meinen Erfahrungen berichten und euch natürlich meinen Favoriten aus dem Sortiment für den Vollautomaten vorstellen.

Die tollen Flying Roasters Kaffees kannte ich schon und habe sie bereits sehr genossen. Das Team ist nicht nur sympathisch, sondern macht auch bombigen Kaffee, den ich bisher aus dem Handfilter und der Aeropress kannte. Ohne mich jetzt als Nerd outen zu wollen.

Allgemein rate ich immer für Kaffeevollautomaten Espresso zu verwenden. Am besten keine sehr ölige Röstung.

Aus dem Flying Roasters Sortiment hat mir der Nightingale Espresso am besten gefallen. Er hatte eine schöne Crema. Aber auch die inneren Werte waren gut. Die helleren Röstungen wurden ein wenig sauer. Der Nightingale behielt seinen Charakter und konnte sich ebenfalls gut gegen Milch durchsetzten. Seine Struktur ist ein wenig anders als aus einem Siebträger, weniger voll und mit etwas weniger Aroma.

Aber die Wahl des Espressos und die getroffenen Einstellungen am KVA sind alles nur Ideen und ihr solltet selbst ausprobieren. Viele meiner Leser haben mich schon angeschrieben und die meisten haben ihre eigenen Lieblingseinstellungen gefunden.

6. Tipp: Espresso Nightingale bei den Flying Roasters kaufen.

 

Es tauchen immer wieder Videos mit schimmeligen Horror-Reportagen-Kaffeevollautomaten auf. Oft wird dort gesagt, es sei nicht möglich einen Kaffeevollautomaten sauber zu halten. Wie sauber ein Vollautomat ist und bleibt, liegt an der Pflege. Ich bin mir sicher es gibt viele schimmlige Geräte, aber das ist vermeidbar. Wer viel und regelmäßig reinigt, hat länger was von seinem Kaffeevollautomat.

7. Tipp: Nur ein sauberer Kaffeevollautomat macht guten Kaffee! Reinigen und Entkalken gehört dazu. Baut vor einem Urlaub die Brühgruppe aus.

 

Ich hoffe das hat euch ein wenig geholfen. Wer viel und bewusst ausprobiert hat am Ende leckeren Kaffee. Wie immer – es ist erlaubt was schmeckt!

10 Responses

  1. Hannes
    | Antworten

    Hallo Arne,
    Danke für den Artikel! Ich habe neue Impulse bekommen, zu ausprobieren und dazu noch was gelernt. Vielleicht werde ich doch meine Meinung zum Kaffee Vollautomaten ändern.
    Aber jetzt werde ich erst einmal … mir einen Kaffee machen!
    Gruss,
    Hannes

  2. […] überall absetzen und ranzig werden können. Das macht den Kaffee nicht leckerer, insbesondere bei Vollautomaten oder wenn auch noch Milch ins Spiel […]

  3. Volker
    | Antworten

    Super Artikel, sowohl von den genannten Tipps wie auch von der Ansicht, dass ein KVA nur eine weitere Möglichkeit ist Kaffee zu machen. Seitdem ich den Artikel gelesen habe, trinke ich nur noch die Americano Variante. Es sei denn ich mache mir zwei schöne Tassen mit dem Hario V60… 🙂

  4. Lars Boehm
    | Antworten

    Welcher KVA ist der ist der beste von der Qualität her ? Gruß Lars.

  5. Lars Boehm
    | Antworten

    Hallo Nadine. Vielen Dank für deine schnelle Antwort. Ich würde ja auch sehr gerne so eine Siebträger Machine wie ihr sie bei euch in der Rösterei zu stehen habt nehmen aber die ist mir doch ein wenig zu Teuer !! Vielleicht hast Du ja eine Idee oder Alternative !!! Herzliche Grüße Lars .

    • Nadine
      | Antworten

      Hallo Lars,

      für Siebträgermaschinen gibt es natürlich einen großen Gebrauchtmarkt oder wenn es neu sein soll, dann kannst du dich mal hier umschauen:
      https://espressonisten.de/
      Vielleicht können wir dir da auch einen Rabatt organisieren.

      Herzliche Grüße,
      Nadine

  6. […] Dabei haben wir Kaffees für alle Büro-Situationen im Angebot, vom Siebträger, über den Vollautomaten bis hin zu Filtermaschinen. Und da wir finden, dass gerade im Arbeitsalltag guter Kaffee, der auch […]

  7. Peter Kemper
    | Antworten

    Ich verstehe ohnehin nicht, warum die Kaffeevollautomaten bei all dem Schnickschnack nicht auch noch den Mahlgrad selbständig einstellen können. Das ist doch keine Kunst, da auch noch in der Elektronik eine Programmierung dafür vorzunehmen und dann einen Schrittmotor einzubauen, der den Mahlgrad verstellt. Und meinetwegen kann das auch noch geregelt werden. Nur um hier gleich mal den Kaffeefetischisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, die da meinen, man müsse auch noch die Kaffeesorte berücksichtigen. Ja klar, aber auch das ginge ja.
    Aber auch alles besser als irgendwie garnicht den Mahlgrad einzustellen, bzw. für alle Sorten den gleichen zu verwenden, wie der Normalnutzer. 99% der Nutzer wissen doch gar nichts darum und für die wäre es eine deutliche Verbesserung. Das könnte man ja dann durchschnittlich einstellen, sodass für alle ein gleichmässiger Gewinn rauskäme. Damit hätte man dann endlich mal wieder ein Innovation. Denn seit der sep. Milchkanne mit echtem Milchschaum ist ja nichts mehr grossartiges passiert.

    • Nadine
      | Antworten

      Das wäre bestimmt ein Gewinn.

Schreibe einen Kommentar zu Volker Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.